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Die Kristallhöhle von 1719 am Zinggenstock

Der legendäre Fund von 1719 am Vorderen Zinggenstock im Berner Oberland regte nicht nur eine Kristallgewinnung im Haslital an, sondern lieferte auch die ältesten Exponate für das Naturhistorische Museum in Bern. Bis ca. 1845 wurde die Kristallhöhle oft besucht. Durch den Gletschervorstoss im 19. Jahrhundert wurde das Gelände überformt und Abbaustellen mit einem Moränenwall verdeckt. Die Lage der Kluft geriet in Vergessenheit. Durch Recherche in den Quellen und vor Ort gelang es 300 Jahre später, die Lage des «Kristallgewölbes» wiederzuentdecken. Der Durchbruch gelang u.a. mit der Neuzuordnung eines Gemäldes des Malers Caspar Wolf. Die Datierungen der Stützbalken mittels Dendrochronologie bestätigen unsere Geländebefunde.

Die Kristallhöhle von 1719 am Zinggenstock
Bild: NGB

Kristalle aus dem Berner Oberland waren zwar mindestens seit dem 16. Jahrhundert bekannt, gegenüber den produzierenden Strahlergebieten im Wallis und im Urnerland, pflegte die Kristallgewinnung im Haslital aber eine untergeordnete Bedeutung. Das änderte sich schlagartig im Jahr 1719, mit der Entdeckung einer überaus reichen Kristallhöhle. Über die Fundumstände weiss Kasthofer (1822) folgendes zu berichten: «Mehrere Männer von Oberhasle hatten etwa 50 Fuss (ca. 15 m) weit von dieser Höhle Kristalle gesucht, und mit Pulver den harten Granit gesprengt. Einer der Arbeiter der, um vor der Wirkung eines Schusses sicher zu sein, sich in die Gegend der verborgenen Höhle gestellt hatte bemerkte, dass aus einer Felsritze jedesmal, wenn dort gesprengt wurde, ein feiner Wasserstrahl hervorspritzte; durch diesen geleitet, wurden nun die Bohrlöcher bei der Felsritze angelegt. Die Höhle ergoss die gefangenen Gewässer durch die zerrissenen Wände, und die entdeckten Schätze blinkten den Überglücklichen entgegen».

Gemäss der Geschichtsschreibung (Willi 1883, Hartmann 1909 u.a.) handelte es sich um die Strahler Peter Moor, seine drei Brüder und Melchior Brügger. Die Fundgeschichte mag sich möglicherweise auch anders zugetragen haben, die Kristallhöhle hingegen war Realität, wie dieser Beitrag zeigt. Wir beginnen unseren Bericht mit der Schlüsselfigur dieser Wiederentdeckung, dem Alpenmaler Caspar Wolf aus Muri (AG).

Autoren: Thilo Arlt, Matthias Bolliger

Seitenangabe: 70-89

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